Qualitätskriterien von Objektiven verständlich erklärt

Bei der Wahl des für die eigenen Bedürfnisse richtigen Objektivs gibt es eine ganze Menge zu beachten. Ein wichtiger Punkt ist die Qualität, die von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Diese können abhängig vom Preis extrem stark variieren. Dabei geht es anfangs weniger um „gut“ und „schlecht“, sondern vielmehr um die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Ein Hobbyfotograf der sich letzte Woche eine Spiegelreflexkamera mit Kitobjektiv gekauft hat, sollte morgen nicht gleich zum Profi-Objektiv für 1000€ greifen. Er wird in der Regel mit dem Kitobjektiv erst mal üben und eine Menge Freude haben können. Ein Auge für die Unterschiede zwischen Einsteiger- und Profiobjektiv kommen mit der Erfahrung. Erst wenn Deine Ansprüche mit der Zeit wachsen, solltest Du über den Kauf einer besseren Linse nachdenken. Jedoch schadet es auch am Anfang nie, über die grundsätzlichen Qualitätskriterien von Objektiven Bescheid zu wissen. Los geht’s!

Verarbeitungsqualität von Objektiven

Der erste Eindruck – das Gehäuse

Auch bei Objektiven zählt der „erste Eindruck„. Welches Material wurde für Gehäuse & auch Bajonett verwendet? Wie hoch ist die Fertigungsqualität? Ist das Objektiv „wetterfest“ konstruiert? Je nach eigenem Anspruch und Verwendungszweck (Anfänger, Profi, Einsatz im Studio oder im Dschungel) muss das Gehäuse eines Objektivs mehr oder weniger gut verarbeitet sein. Einsteiger greifen anfangs zum soliden Zoomobjektiv oder zur günstigen Festbrennweite, während fortgeschrittene und Profis – vor allem im Bereich Natur- und Landschaftsfotografie – zum erklassigen und wetterfest verarbeiteten Objektiv greifen. Solche Linsen, die stärkeren Beanspruchungen stand halten, sind z.B. Objektive der L-Serie von Canon* – diese sind so gebaut, dass sie Staub/Dreck, Feuchtigkeit und hohen Temperaturschwankungen trotzen.

Die inneren Werte – Linsen und Mechanik

Von entscheidender Bedeutung für die Abbildungsleistung des Objektivs sind jedoch die „inneren Werte“. Die Güte und Verarbeitung der Linsen sowie die Präzision der Feinmechanik und Elektronik, mit der diese gesteuert werden, können von Objektiv zu Objektiv variieren. Je besser die Linsen sind und je reibungsloser diese mit der Mechanik zusammenspielen, desto höher ist auch die Abbildungsqualität und Zuverlässigkeit des Objektivs. Eine minderwertige Qualität bei den Linsen kann zu Problemen wie niedriger optischer Auflösung, Verzeichnungen oder chromatischen Abberationen führen. Wenn etwas mit der Feinmechanik nicht stimmt, kann dies einen negativen Einfluss auf die Treffsicherheit des Autofokus haben.

Eine solide Verarbeitungsqualität des Innenlebens sollte also auch bei einem Einsteiger-Objektiv vorhanden sein. Denn was nützt einem z.B. das Üben mit dem Autofokus, wenn dieser schon im Objektiv selbst nicht funktioniert? Am besten ist es, sich vor dem Kauf in diversen Foren oder bei glaubwürdigen Testberichten und Rezensionen zu informieren, ob gewisse Probleme auftreten können oder alles „im grünen Bereich“ liegt.

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Optische Auflösung bei Objektiven

Jedes Objektiv hat abhängig von der Qualität seiner Linsen eine bestimmte optische Auflösung zu bieten. Die optische Auflösung gibt an, wie viele Linien vom Objektiv noch getrennt voneinander dargestellt werden können. Diese Auflösung ist baubedingt bei den meisten Objektiven höher oder niedriger, je nachdem, wie man die Brennweite und die Blende einstellt. Vor allem Extremwerte wie eine weit offene Blende von f1.4 oder die längste und kürzeste Brennweite des Objektivs verschlechtern die optische Auflösung. Viele Objektive haben baubedingt vor allem in den Randbereichen des Bildes eine geringere optische Auflösung, vor allem bei offener Blende.

Das untere Beispielbild illustriert die optische Auflösung in Abhängigkeit von der Blendeneinstellung sehr anschaulich. Doch Vorsicht – begehe nicht den Fehler, stets zu Gunsten einer besseren Abbildung auf eine ansprechendere Bildgestaltung zu verzichten. Ein Porträt mit sehr weit offener Blende ist in der Regel viel schöner, trotz einer vermeintlich „schlechteren“ Auflösung des Objektivs.

Optische Auflösung und Blendeneinstellung
Links: aufgenommen mit Blende f4 – hohe Auflösung und gute Bildqualität/Schärfe, rechts: aufgenommen mit maximaler Blendenöffnung f1.8 – man erkennt die deutlich niedrigere Auflösung. Das Bild wirkt weichgezeichnet/unscharf.

Lichtstärke bzw. maximale Blendenöffnung

Wie bereits im Kapitel „Technische Grundlagen“ erklärt, hat die Blende einen hohen Einfluss auf die Belichtung. Je weiter offen, desto lichtstärker, was auch ein wichtiges Qualitätsmerkmal bei Objektiven ist. Der Blendenwert variiert bei Zoomobjektiven je nach Brennweite – je höher (Telebereich) umso weiter muss die Blende geschlossen werden (umso weniger Licht kommt auf den Sensor). Besonders gute und teure Zoomobjektive können jedoch über ihren gesamten Brennweitenbereich einen Blendenwert von beispielsweise f2.8 bieten und sind somit unabhängig von der Brennweite immer gleich lichtstark. Diese Eigenschaften werden nur noch von Festbrennweiten übertroffen, die baubedingt die am weitesten offenen Blenden bis hin zu f1.2 bieten und somit am lichtstärksten sind.

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Weitere Abbildungseigenschaften und Qualitätskriterien von Objektiven

Verzerrungen im Weitwinkelbereich
Typische Verzerrungen im Weitwinkelbereich: gekrümmte Linien, zu erkennen an den linken Kanten der Schieber.

Je nach Preisklasse und Art des Objektivs können verschiedene Abbildungseigenschaften einen Einfluss auf die Bildqualität haben. Der wohl wichtigste ist die Verzerrung. Besonders Weitwinkelobjektive sind davon betroffen. Verzerrungen sind sichtbar an Linien im Bild, die sich zum Rand hin verkrümmen. Diese Abbildungsfehler lassen sich in der Regel jedoch am PC mit entsprechender Software korrigieren.

Auch Vignettierungen lassen sich am PC entfernen. Darunter versteht man, dass das Bild am Rand dunkler wird. Es tritt häufiger bei offenen Blenden auf und ist bei qualitativ hochwertigen Optiken nicht so stark ausgeprägt. Eine Vignettierung ist nichts generell Schlechtes – im Gegenteil – es wird z.B. bei Portraits mitunter auch als Stilmittel eingesetzt und mitunter in der nachträglichen Bildbearbeitung künstlich hinzugefügt.

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Etwas weniger hübsch sind da schon die sogenannten chromatischen Aberrationen. Man erkennt sie durch farbige Ränder, die vor allem an Umrissen zwischen z.B. einem dunklen Motiv und einem hellen Hintergrund zu sehen sind. Diese Farbfehler sind ebenfalls eher an den Bildrändern zu finden. Je höher die Verarbeitungsqualität der Linsen, desto weniger treten derartige unschöne Effekte auf.

Last but not least muss noch das Phänomen von Front- und Backfokus beachtet werden. Dies meint einen Mangel an Zuverlässigkeit beim Autofokus. Wenn dieser unpräzise arbeitet, stellt er nicht exakt auf den gewünschten Punkt im Bild scharf. Dies hat zur Folge, das Bereiche hinter (Backfokus) oder vor (Frontfokus) dem Hauptmotiv scharf gestellt sind, das Hauptmotiv selbst, auf welches man eigentlich fokussiert hat, allerdings unscharf ist.

Ein eher subjektives Qualitätskriterium möchte ich zum Schluss noch erwähnen: das Bokeh, welches die Qualität der im Bild vorhandenen Unschärfe definiert – es gibt Objektive mit schönen und weniger schönem Bokeh, abhängig von der Bauart des Objektivs und der Güte der verwendeten Linsen. Hier sollte jeder anhand von Beispielfotos für sich entscheiden, ob einem das Bokeh gefällt oder nicht bzw. welchen Wert man überhaupt darauf legt.

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